Einfache Delikte wie Ladendiebstähle, Drogenverkäufe und auch Angriffe in Freibädern können und müssen zügig abgeurteilt werden. Als Antwort auf diese Forderung erntete der neue CDU-Generalsekretär zunächst kritische Einwände. Im NTV-Gastbeitrag macht Linnemann deutlich, wie notwendig und umsetzbar sein Anliegen ist. Belästigungen, Massen-Prügeleien, Beschmutzungen, attackierte Mitmenschen dürfen nicht zur tolerierten Norm werden. Einige Gerichtsbezirke in Baden-Württemberg nutzen die beschleunigten Verfahren bereits und verweisen auf die positive Bilanz. Sie sind praxiserprobt, leicht umsetzbar und es braucht dafür keine Gesetzesänderungen.

Welche Vorteile eine Ausweitung dieser Schnellverfahren mit sich bringt lesen Sie hier:

Gastbeitrag: Carsten Linnemann

Der Rechtsstaat muss und kann sich durchsetzen

Wer mittags im Freibad Mitmenschen attackiert, muss abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden. Als ich das vor zwei Wochen gefordert habe, gab es sofort Gegenwind: "Geht nicht", "Nicht zuständig", "Populismus" lauteten die Argumente. Dabei machen einige Gerichte längst vor, dass es geht. Man muss es nur wollen. Massen-Prügeleien, angegriffene Sicherheitsleute, Belästigungen und Beschmutzungen: Von ungetrübter Sommer- und Badefreude kann in einigen Freibädern nicht mehr die Rede sein. Vor allem aus den größeren Städten wird berichtet, dass es zu Ausschreitungen, ja regelrechten Tumulten kommt.

Natürlich gab es auch früher schon Rangeleien in unseren Freibädern. Jugendliche, die sich beweisen wollten und über die Stränge geschlagen haben, gab es immer. Aber sobald der Bademeister eingriff, war Ruhe. Dessen Wort galt noch etwas. Doch wer heutzutage mit Bademeistern spricht, hört immer häufiger, dass sich etwas verändert hat. Die Stimmung wird als aufgeheizt beschrieben, zuweilen als angespannt. Da wundert es auch nicht, wenn sich die Angestellten eines Berliner Freibads mit einem Brandbrief an die Geschäftsführung der Berliner Bäderbetriebe wenden und von einem "untragbaren Ausmaß der Umstände" berichten. Mitarbeiter würden "bewusst psychisch terrorisiert".

Kurzum: Das, was da in unseren Freibändern passiert, hat eine neue Qualität erreicht. Es ist mehr Rücksichtslosigkeit und Gewalt im Spiel. Eine Beobachtung, die sich leider in der Gesellschaft immer öfter auch in anderen Bereichen machen lässt – in Freibädern genauso wie auf Straßen, in Bahnhöfen oder Fußballstadien.

Also alles normal und halb so schlimm? Im Gegenteil. Für uns als CDU steht außer Frage, dass der Staat diese Räume mit aller Kraft schützen muss. Der Rechtsstaat muss sich durchsetzen, indem Straftäter – wenn möglich – sofort Konsequenzen spüren. Und dies ist laut Strafprozessordnung bereits möglich und wird vielerorts angewandt. Eine Gesetzesänderung ist demnach gar nicht nötig. Bei vergleichsweise einfachen Sachverhalten und klarer Beweislage können Verfahren in den Amtsgerichten beschleunigt erledigt werden.

Einfache Delikte wie Ladendiebstähle, Drogenverkäufe und eben auch tätliche Angriffe in Freibädern können zügig abgeurteilt werden. Die Strafe erfolgt auf dem Fuße und zeigt nicht nur dem Täter, sondern auch der Bevölkerung, dass derartiges Verhalten im Rechtsstaat nicht geduldet und zügig geahndet wird.

In einigen Gerichtsbezirken wird von dieser Verfahrensform bereits rege Gebrauch gemacht. In Baden-Württemberg wurden in mehreren Städten Modellprojekte gestartet. Das Amtsgericht Heilbronn zog kürzlich positive Bilanz. Zwischen Januar und Mai dieses Jahres wurden 67 beschleunigte Verfahren durchgeführt. In zehn Fällen wurde noch am selben Tag oder am Tag nach der Straftat abgeurteilt, in allen anderen Fällen innerhalb von fünf Wochen. Unter anderem wurden Straftäter der "Letzten Generation" vom Amtsgericht Heilbronn zeitnah zu Haft- und Geldstrafen verurteilt. Doch bundesweit fristet diese Verfahrensform noch immer ein Schattendasein. So wurden 2021 lediglich 6014 Strafsachen als beschleunigte Verfahren erledigt. Das entspricht gerade einmal rund einem Prozent aller vor deutschen Amtsgerichten erledigten Strafsachen.

Wir sollten darauf hinarbeiten, dass solche beschleunigten Verfahren künftig viel häufiger angewendet werden. Experten schlagen etwa vor, die beschleunigten Verfahren im jeweiligen Amtsgericht mit Sitz am Landgericht zu konzentrieren. Denn diese sind in der Regel mit mehr Personal und Räumen ausgestattet. So müssten die kleineren Amtsgerichte, die ihren Sitz nicht am Landgericht haben, nicht zusätzlich Personal vorhalten. Die großen Amtsgerichte können die Schnellverfahren organisatorisch viel besser bewältigen. Eine tolle Idee, derer wir uns annehmen sollten.

Kurzum: Beschleunigte Verfahren sind längst praxiserprobt. Es braucht keine neuen Gesetze, sondern deren verbesserte Anwendung.

Der Gastbeitrag erschien im Original bei NTV.