Es ist der Höhepunkt des Ludwig-Erhard-Gipfels. Die Verleihung des „Freiheitspreis der Medien“. Die begehrte Auszeichnung geht in diesem Jahr an Julia Nawalnaja und posthum an Alexej Nawalny. Vorausgegangen sind zwei Tage voller Diskussionsrunden von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft. Seit 10 Jahren wird einmal im Jahr auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel über die aktuellen Entwicklungen diskutiert und ein Blick in die Zukunft geworfen. Der Schwerpunkt in diesem Jahr: „Agenda für ein starkes Deutschland in einem starken Europa“.

Europa ist durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine herausgefordert. Die Beziehungen zwischen Europa und Russland sind auf einem Tiefpunkt. Am 16. Februar wurde bekannt, dass der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny von Putins Folterschergen in einem russischen Straflager ermordet worden ist. Seine Witwe Julija Nawalnaja kündigte an, den Weg ihres verstorbenen Ehemannes weiter gehen und seine mutige Oppositionsarbeit fortsetzen werde. Für ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie in Russland wurde sie nun mit dem Freiheitspreis der Medien auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel geehrt.

Merz: Julija Nawalnaja ist das Gesicht eines anderen Russlands

CDU-Chef Friedrich Merz hielt die Laudatio auf Julija Nawalnaja. Gleich zu Beginn erklärte er: „Ich fühle mich persönlich tief geehrt und auch gerührt, dass Sie – Frau Nawalnaja – mich darum gebeten haben, ein paar Worte hier an dieser Stelle zu sprechen.“

„Heute ist Julija Nawalnaja das Gesicht eines anderen Russlands. Das Gesicht der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Das Gesicht, das uns erinnert, dass Russland nicht nur aus Putin besteht, sondern auch aus mutigen, weltoffenen Menschen.“ Friedrich Merz

Ludwig-Erhard-Gipfel Friedrich Merz und Julija Nawalnaja, Foto: CDU/ Tim Hoffmann

Merz bewundert den Mut von Julija Nawalnaja. Mit ihrem Mann hat sie mit der Gründung einer Antikorruptionsstiftung eine der wichtigsten Oppositionsbewegungen in Russland aufgebaut. „Die Unterdrückung der freien Presse haben Sie durch viel Einfallsreichtum und die Nutzung der sozialen Medien umgangen. Die Videos der Stiftung wurden weltweit über 1,5 Milliarden Mal abgerufen“, hebt Merz hervor. „Die Stiftung hat zahlreiche Korruptionsskandale aufgedeckt und vielen Menschen die Augen geöffnet, dass der große Reichtum Russlands unter Kleptokraten aufgeteilt ist. Die Erkenntnisse der Stiftung haben zu unmittelbaren Sanktionen der EU gegen Russland geführt.“

Merz: Die freie Welt steht an der Seite von Julija Nawalnaja

Im März standen in Russland auf dem Papier „Präsidentschaftswahlen“ an. Doch jedem Beobachter war klar, dass dies keine freien, gleichen und geheimen Wahlen sind. Julija Nawalnaja rief die Russinnen und Russen dazu auf, symbolisch um 12 Uhr wählen zu gehen. Unzählige Menschen folgten ihrem Aufruf. Friedrich Merz ist beeindruckt von dem Willen und dem Optimismus der Witwe von Alexei Nawalny. „Sie haben die Kraft gefunden sich an die Welt zu wenden: Der Tod von Alexei Nawalny hat uns so berührt wie Ihre Stärke und Ihre Klugheit. Sie haben sich gefragt, was Ihr Mann tun würde: Sie haben gezeigt, dass Sie entschlossen sind, Putin und seine Gefolgsleute zur Verantwortung zu ziehen.“

Dabei kann Julija Nawalnaja auf die Unterstützung des freien Westens zählen, so Merz. Die Skrupellosigkeit von Putin hat nicht nur Folgen für die Menschen in Russland, sondern auch in Europa. Deutschland muss daher weiterhin fest an der Seite der Ukraine stehen.

„Wir nehmen Ihre Warnung ernst, dass Putin zu allem fähig ist. Wir dürfen uns nicht über das Einfrieren des Konfliktes in der Ukraine unterhalten. Es geht stellvertretend um die Verteidigung unserer Freiheit.“ Friedrich Merz

Für Merz ist Julija Nawalnaja eine „Heldin unserer Zeit, ein Vorbild und Inspiration für viele. In Russland und darüber hinaus. Sie sind ein Zeichen der Hoffnung und des Widerstands.“ Zum Schluss sagt Merz eindringlich zu der Mutter zweier Kinder: „Passen Sie auf sich auf. Und auf Ihre Familie.“

Nawalnaja: Die Mehrheit der Russen sieht sich als Europäer

Julija Nawalnaja ist sichtlich gerührt. Sie macht Hoffnung auf eine Zukunft, in der die Europäer und Russen wieder näher aneinanderrücken. „25 Jahre lang hat Putins Propaganda den Russen erzählt, dass Europa schlecht ist, dass es zerfällt und dass es überhaupt nicht lohnt, dorthin zu gehen.“ Aber: Unabhängige Meinungsumfragen zeichnen ein anderes Bild.

„Zwei Drittel der Russen glauben, dass Russland sich Europa annähern sollte, trotz Gehirnwäsche. Zwei Drittel der Russen sehen sich als Europäer.“ Julija Nawalnaja

Julija Nawalnaja Julija Nawalnaja, Foto: CDU/ Tim Hoffmann

Ludwig Erhard ist für die russische Oppositionelle eine Inspiration: „Ludwig Erhard hat an die Menschen geglaubt, daran, dass ein Wandel möglich ist, hin zu einem prosperierenden Land.“ Der Namensgeber des Gipfels war maßgeblich an dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft beteiligt. Ludwig Erhard war Wirtschaftsminister unter Konrad Adenauer und folgte ihm als Vorsitzender der CDU und als Bundeskanzler. Sein Konzept der sozialen Marktwirtschaft war der Grundstein für den wirtschaftlichen Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Julija Nawalnaja hat ihr Ziel klar vor Augen: „Mehr und mehr Menschen in Russland zu überzeugen, den europäischen Weg einzuschreiten.“ In Freiheit und Demokratie zu leben. In Frieden.